US-Wahl aktuell: Risikoassets sollten ein moderates Übergewicht behalten

Amerika hat gewählt und derzeit sieht es danach aus, als sei Joe Bidens Vorsprung von Donald Trump auch auf dem Rechtsweg nicht mehr einzuholen. Nachfolgend kommentieren Kapitalmarktstrategen diese Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Kapitalmärkte.

Stefan Kreuzkamp
Stefan Kreuzkamp

Stefan Kreuzkamp, Chefanlagestratege der DWS:

So sicher der Ausgang der Präsidentenwahl, so unsicher bleibt das Resultat der Senatswahlen. Wir gehen weiter von einer republikanischen Mehrheit aus, doch könnte allein die wahrscheinliche Nachwahl des Senators (oder der Senatoren) aus Georgia am 5. Januar hier noch für Überraschungen sorgen.

Diese Überraschung träfe auch die Kapitalmärkte. Verständlicherweise machen sich Anleger nach einer vielbeachteten Weichenstellung wie den US-Wahlen Gedanken über Implikationen für ihre Portfolios. Wir würden davon abraten, langfristige Investitionen auf die Ergebnisse und Geschehnisse im unmittelbaren Umfeld einer Wahl zu stützen, aus folgenden drei Gründen:

  • Unsicherheit über die künftige Politik.
  • Unsicherheit über die Auswirkungen der Politik auf Wirtschafts- und Unternehmensaussichten.
  • Unsicherheit darüber, was der Markt davon bereits eingepreist hat. […]

Dies unterstreicht unseres Erachtens die Empfehlung, längerfristige Anlageentscheidungen nicht allein auf Basis politischer Erwägungen zu treffen. Zumal wenn der politische Ausblick noch so vage ist. Ohnehin überwiegen marktbestimmende Faktoren, auf welche die Regierung nur wenig Einfluss hat: kurzfristig der weitere Verlauf der Pandemie, wie auch die stark kurstreibende Nachricht zum Impfstoff am Montag zeigte. Und mittelfristig die Zentralbankpolitik. […]

Auf Zwölfmonatssicht bleiben wir somit vorerst weiterhin moderat positiv auf die Aktienmärkte gestimmt, rechnen mit einem Fortbestand des Niedrigzinsumfelds und sehen keine nachhaltige Dollarabschwächung gegenüber dem Euro.

Dr. Daniel Hartmann, Chefvolkswirt von Bantleon:

Zu Beginn des 4. Quartals steht die US-Wirtschaft exzellent da. Während die Industrie und die Bauwirtschaft auf Hochtouren laufen, zeigt sich der Dienstleistungssektor zumindest in robuster Verfassung. Entsprechend schreitet die Arbeitsmarkterholung rasch voran. Die Erwerbslosenquote hat sich innerhalb von sechs Monaten von knapp 15 Prozent auf unter sieben Prozent mehr als halbiert. Dennoch ziehen nunmehr auch in den USA dunkle Wolken auf. Mit Zeitverzögerung zu Europa steigen die Neuinfektionszahlen rasant an. Die US-Behörden werden daher nicht umhinkommen, zusätzliche Kontaktbeschränkungen anzuordnen. Der Wirtschaft steht eine Abkühlung bevor.

Im Frühjahr hat die Politik auf die Lockdowns schnell reagiert und mehrere umfangreiche Hilfspakete verabschiedet. Trotz aller Differenzen sollte es dieses Mal nicht viel anders laufen. In einer Notsituation werden sich die Republikaner nicht verweigern. Die steigende Staatsverschuldung wird dabei billigend in Kauf genommen. Die Regierung wird sogar geradezu von der Federal Reserve zu weiteren Maßnahmen gedrängt. Es dürfte sich daher nur um eine kurze Konjunkturdelle in den USA handeln. Im kommenden Jahr ruhen dann alle Hoffnungen auf einem Abebben der Pandemie. […]

Für den Finanzinvestor stellt sich unverändert die Frage, ob er die langfristigen Chancen stärker ins Kalkül zieht als die möglichen kurzfristigen Rückschläge. Wir plädieren für eine „kontrollierte Offensive“. Risikoassets sollten ein moderates Übergewicht behalten, das gegebenenfalls in den nächsten Wochen weiter ausgebaut wird.

Olivier de Berranger
Olivier de Berranger

Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei LFDE:

Man hätte befürchten können, dass das Szenario eines knappen, umstrittenen Ergebnisses die Finanzmärkte, die bereits durch neue Covid-Wellen in Europa und den USA geschwächt sind, ins Wanken bringt. Doch nichts dergleichen. Obwohl das Wahlergebnis mehrere Tage nach dem Urnengang immer noch nicht feststand und sich die Gerichtsklagen häuften, wurden die Anleger zum Ende der Wahlwoche von einer Woge der Begeisterung erfasst.

Die auf den ersten Blick erstaunliche erneute Risikobereitschaft und Beliebtheit von Aktien am Tag nach den Wahlen lassen sich recht einfach erklären. Auch wenn die Ergebnisse sowohl im Hinblick auf das Präsidentenamt als auch den Senat noch unklar waren, war ein deutlicher Sieg der Demokraten, der den gesamten Kongress auf ihre Seite zieht, nicht wahrscheinlich. In der Vergangenheit bevorzugten die Märkte Phasen mit geteiltem Kongress, denn ein geteilter Kongress bedeutet eine erzwungene Suche nach Kompromissen und Konsens. Es handelt sich also nicht um eine demokratische Revolution, sondern um eine Evolution. Die umstrittensten Reformen des Kandidaten Biden werden ganz gewiss nur sehr begrenzt umgesetzt werden. Dies gilt in erster Linie für Steuererhöhungen und ein großzügiges Konjunkturpaket.

Hauptnutznießer dieser neuerlichen Risikobereitschaft waren die großen Technologiewerte, deren Leitindex Nasdaq binnen zwei Tagen nach dem Wahltag um mehr als sechs Prozent zulegte und den weniger „technologielastigen“ S&P 500 um fast zwei Prozent übertraf. Eine von den Demokraten ins Spiel gebrachte Zerschlagung der Tech-Riesen wegen des Missbrauchs ihrer beherrschenden Position ist vorerst aufgeschoben beziehungsweise auf kurze Sicht sogar ausgeschlossen.

Auf der anderen Seite sank der Zinssatz für zehnjährige US-Anleihen nach der Meldung der ersten amtlichen Ergebnisse rasch unter der Annahme, dass ein angemessenes Konjunkturpaket verabschiedet wird, welches keinen beunruhigenden Anstieg der US-Schuldenlast und damit Misstrauen bei den Kapitalgebern bewirkt. Während die Märkte einen kühlen Kopf bewahrten, ließ sich dies von Donald Trump nicht behaupten.

Jack Janasiewicz, Portfolio Stratege bei Natixis Investment Managers:

Angesichts der geteilten Machtverhältnisse im US-Kongress werden die großen, von Joe Biden angekündigten Reformpläne wohl nicht in Gänze umgesetzt werden können. Droht damit ein Stillstand? Davon kann keine Rede sein. Einige Dinge auf der Agenda des neuen US-Präsidenten können auch ohne die Zustimmung des Kongresses umgesetzt werden und durchaus Wirkung erzielen. Dazu zählen unter anderem:

  • Der Wiedereinstieg in den Pariser-Klimavertrag
  • Der Beitritt zur Trans-Pacific-Partnership
  • Der Wiederbeitritt zum Iran-Atomabkommen
  • Das Bekenntnis zur Weltgesundheitsorganisation
  • Maßnahmen zur Stärkung des Umweltschutzes

All dieses Maßnahmen können den Multilateralismus und damit auch den Welthandel stärken. Auch die transatlantischen Handelsbeziehungen dürften sich entspannen. Was das Verhältnis zu China angeht, erwarten wir, dass eine Biden Administration Zölle abbauen und Importquoten neu regeln werde. Gleichzeitig warnen wir vor falschen Erwartungen. Die Politik der Eindämmung Chinas wird auch unter Joe Biden fortgesetzt, nur weniger aggressiv. Angesichts sich verbessernder Aussichten für den Welthandel sehen wir gute Chancen vor allem für global agierende Unternehmen sowie für einige Staaten der Emerging Markets. Sie sollten 2021 von neuen multilateralen Impulsen profitieren.

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