GDV: Europäische Aufsicht stärken und angemessen finanzieren
Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einem Vorschlag, die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) – und damit auch die Versicherungsaufsicht EIOPA – zu hundert Prozent durch die Industrie finanzieren zu lassen. Eine entsprechende Konsultation sei für 2016 geplant – darauf verweist der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Änderungen an der Finanzierung hätten Auswirkungen darauf, wie der europäische Gesetzgeber – also Parlament, Rat und Kommission – Einfluss darauf nehmen kann, welchen Aufgaben sich EIOPA mit welcher Priorität widme. Derzeit stammen 40 Prozent der finanziellen Mittel, die EIOPA zur Verfügung stehen, aus dem EU-Haushalt. EIOPA muss gegenüber dem Gesetzgeber darlegen, wie und für welchen Zweck das finanzielle Budget eingesetzt wird.
Diese Rechenschaft über die Verwendung der Mittel gegenüber dem europäischen Gesetzgeber sei von großer Bedeutung, da noch immer kein einheitliches Verständnis darüber bestehe, auf welche Aufgaben sich EIOPA im Rahmen ihrer Tätigkeit konzentrieren soll. Eine zentrale Aufgabe von EIOPA sei es dafür zu sorgen, dass die verpflichtenden EU-Regeln in den Mitgliedstaaten tatsächlich gelebt werden und durch die nationalen Aufseher – die für die laufende Kontrolle der Unternehmen verantwortlich seien – auch einheitlich angewendet werden. Nur wenn bestehende Defizite aufgedeckt und beseitigt werden, gelten laut GDV gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle europäischen Versicherungsunternehmen.
EIOPA soll nach dem Willen des Gesetzgebers auch bei der Schaffung der europäischen Regeln mitwirken und seine Expertise einbringen. Dieses Mandat verstehe EIOPA sehr weit und entwickele eigenständig neue Regulierungsideen. Aus Sicht der Unternehmen sei es unbefriedigend, wenn dieses Regulierungsengagement zu Lasten der anderen Kernaufgaben gehe. So stelle EIOPA wichtige Projekte etwa zur Vorbereitung der Richtlinie „Solvency II“ oder zur Überprüfung der nationalen Aufsicht in den Mitgliedstaaten in Frage, während gleichzeitig Projekte vorangetrieben werden, für die eindeutig kein Mandat des Gesetzgebers bestehe. Aktuell arbeitet EIOPA etwa mit Hochdruck im Verbraucherschutzbereich an Leitlinien zum Thema „Product Oversight and Governance“ (POG), obgleich die IDD-Richtlinie dazu ausdrücklich vorsehe, dass die EU-Kommission bis 2017/18 einen in allen Mitgliedstaaten verbindlichen Delegierten Rechtsakt erlassen soll. Auch die EU-Institutionen sehen die fehlende Konzentration von EIOPA auf die Kernaufgaben laut GDV kritisch. So hätten kürzlich verschiedene Abgeordnete anlässlich einer Anhörung des EIOPA-Vorsitzenden Gabriel Bernadino im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments beanstandet, dass EIOPA zu viel in Eigeninitiative reguliere und die Aufgaben nicht richtig priorisiere.
Die Finanzierung der ESAs und deren Governance seien eng miteinander verbunden. Die Auswirkungen eines neuen Finanzierungsmodells sollten daher auf jeden Fall Teil der bevorstehenden Konsultation sein. Fiele die öffentliche Budgetkontrolle weg, müssten gleichwertige Alternativen geschaffen werden. Denkbare Modelle, wie etwa ein unabhängiges paritätisch besetztes Gremium, etwa analog dem BaFin-Verwaltungsrats, stelle das Positionspapier zur Diskussion.
Quelle: Pressemitteilung GDV
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) mit Sitz in Berlin ist die Dachorganisation der privaten Versicherer in Deutschland. In dem Verband sind rund 460 Mitgliedsunternehmen mit 533.000 Mitarbeitern, 427 Millionen Versicherungsverträgen und einem Kapitalanlagebestand von etwa 1,45 Billionen Euro zusammengeschlossen. (mb1)